Julian Wendlinger studiert an der Universität des Saarlandes im Master Interkulturelle Kommunikation und Europäische Kulturstudien. Er arbeitet als wissenschaftliche Hilfskraft im DFJW-Projekt „Penser la Méditerranée ensemble – transmediterrane Jugendpolitik“. In seinem Studium interessiert er sich für Prozesse kulturellen Austausches und Verschmelzungen, insbesondere in Film und Kino sowie Architektur.
„In einer deutsch-spanischen Familie aufgewachsen, entwickelte sich mein Bezug zum Mittelmeerraum durch unsere jährlichen Familienbesuche in Andalusien. Mit der Zeit erkundete ich immer mehr Orte, die in mir Fragen nach dem anderen Ufer aufwarfen. In Tarifa faszinierte mich der Blick auf die scheinbar naheliegende nordafrikanische Küste, während die Stadt Vejer mich durch ihre „cobijadas“ dazu brachte, meine Vorstellungen von „typisch christlich“ und „typisch islamisch“ zu hinterfragen. Die Mezquita in Córdoba sprach für sich selbst als stumme Zeugin von Eroberung, Konkurrenz und friedlichem Zusammenleben.
Immer deutlicher wurde mir die Fülle der Verbindungen zwischen beiden Ufern, sei es in der Architektur, der Sprache, der Gastronomie oder der Musik. Doch trotz der geografischen und kulturellen Nähe stieß ich auf eine scheinbare Mauer, die sich durch die Meeresenge zu ziehen schien. Fragen zum Leben am anderen Ufer wurden oft mit Ängsten und Stereotypen beantwortet, und freundschaftliche oder familiäre Verbindungen nach Marokko wurden im Gespräch oft übergangen.
Die Méditerranée ist für mich daher ein Raum voller Fragen und Paradoxien. Vorurteile und Fremdheit existieren in einem Gebiet, das ein gemeinsames Erbe, eine gemeinsame Geschichte und kulturelle Vielfalt teilt. Mich beschäftigt die Frage, ob und wie die imaginierte Mauer im Mittelmeer dekonstruiert und eine neue, nachhaltige Verbindung geschaffen oder wiederbelebt werden kann.“