Die Mittelmeerregion gehört zu den Hotspots der globalen Erwärmung. Die Gesellschaften der Mittelmeeranrainer sehen sich mit Extremwetterereignissen, Wassermangel und einer Veränderung des Tourismus als tragenden Wirtschaftszweig konfrontiert. Die EU-Kommission versucht mit einem „European Green Deal“ auf die globale Herausforderung des Klimawandels zu reagieren. Dieser wird von einem Programm begleitet, das auf ein neues europäisches Bauhaus zielt: Wie kann eine zu reparierende Welt gestaltet werden?
Lebensgrundlagen und Nachhaltigkeit
Wie werden wir in der Zukunft wohnen? Die Sicherung der Lebensgrundlagen wird den Menschen in der Spätmoderne mehr abverlangen als die Umstellung auf eine sozial-ökologische Marktwirtschaft. Diese Anstrengung ist untrennbar mit der Sicherung der ökonomischen Lebensgrundlagen – und mit der Frage nach sozialer Gerechtigkeit – verbunden, wenn nicht gar ihre Voraussetzung. Dieser Zusammenhang gilt nicht nur für die europäischen Gesellschaften, sondern insbesondere in den Süden des Südens. Die soziale Frage, die für Europa im Rahmen der Nationalstaaten und auf Grundlage der Ausbeutung endlicher Ressourcen und Kolonien beantwortet worden war, stellt sich heute drängender denn je im globalen Rahmen – und eben auch als eine ökologische Frage. Neben der Forderung nach einer Nachhaltigkeit der Lebensführung steht die unabweisbare Forderung nach einer Nachhaltigkeit der Lebenschancen; neben der Forderung nach einer Nachhaltigkeit des globalen Wirtschaftens die nach einer nachhaltigen Teilhabe an der Weltgesellschaft, an der Erwirtschaftung des Wohlstands und der konkreten Gestaltung der Lebenswelt.
Was bedeutet dies in und für die Gesellschaften des Maghreb und für Europa, das im Übergang in eine neue Zeit seine Binnen- und Weltbezüge neu bestimmen muss? Wie kann Nachhaltigkeit – gerade auch der sozialen Beziehungen und Bindungen – ausbuchstabiert und in Politiken übersetzt werden, die Lebensgrundlagen in den Metropolregionen und in den ländlichen Räumen der Welt sichern? Wie wäre eine unter dem Druck des Klimawandels stehende Weltinnenpolitik zu beschreiben, in der Europa an einem Ausgleich wohlverstandener und legitimer Eigeninteressen mit der Verantwortung für eine gerechte, multilaterale Ordnung arbeitet – an einem nachhaltigen Ausgleich, der allein die Sicherung der ökologischen und sozialen Lebensgrundlagen in den Horizont des Möglichen rückte.